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Stellungnahme – 5 Antworten zum Konflikt zwischen ÖVS und WKO

Foto Stellungnahme – 5 Antworten zum Konflikt zwischen ÖVS und WKO

Der seit Jahren andauernde Konflikt zwischen der Österreichische Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS) und der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO) spitzt sich zu. 5 Antworten zum brisanten Thema aus Sicht der Leiterin eines psychosozialen Ausbildungsinstituts.

ÖVS-Chef Wolfgang Knopf versucht konsequent, sich über die geltende Gewerbeordnung hinwegzusetzen. Diese besagt, dass sowohl Supervision als auch Coaching in den geschützten Gewerbebereich der Lebens- und Sozialberatung fallen und demnach ausschließlich von psychosozialen BeraterInnen in freier Praxis angeboten werden dürfen. Neben Lebens- und SozialberaterInnen sind dazu auch PsychotherapeutInnen, PsychiaterInnen, GesundheitspsychologInnen und klinische PsychologInnen berechtigt.

Knopf besteht jedoch darauf, dass seine etwa 1300 ÖVS-Mitglieder vom derzeitigen Berufsrecht ausgenommen sind. Doch die WKO macht nun ihre lange angekündigten Schritte wahr und geht gegen jene SupervisorInnen und Coaches vor, die ohne Gewerbeschein – und ohne weitere der oben genannten beruflichen Qualifikationen – in freier Praxis supervidieren. In der hochemotionalen Debatte haben sich mittlerweile zahlreiche Gerüchte und Missverständnisse sowohl innerhalb der Berufsgruppen als auch in der öffentlichen Wahrnehmung entwickelt.

Als Leiterin eines der von der Wirtschaftskammer zertifizierten, führenden Ausbildungsinstitute, das sowohl die Berufsausbildung zum/zur dipl. Lebens- und SozialberaterIn als auch diverse WKO-zertifizierte Upgrades zu Supervision und Aufstellungsarbeit anbietet, ist es mir ein Bedürfnis, auf folgende 5 Themen eingehen, die im Moment im öffentlichen Raum herumgeistern:

„ÖVS Mitglieder sind als SupervisorInnen oder Coaches unqualifiziert.“

Jein. Mir ist wichtig, zu betonen, dass die Ausbildung, welche viele ÖVS-Mitglieder genossen haben, durchwegs exzellent ist. Das heißt, im Umfeld des Verbandes gibt es eine Vielzahl an sehr gut ausgebildeten SupervisorInnen – allein, ihre Ausbildung ist nach österreichischem Recht nicht gültig, um offiziell das Gewerbe als Lebens- und SozialberaterIn auszuüben, dem sowohl Supervision als auch Coaching unterliegt. Wolfgang Knopf kennt dieses Problem, sieht aber keinen Grund, mit der für Supervision zuständigen Behörde zu kooperieren. Vielfach geht das zu Lasten der TeilnehmerInnen seiner Ausbildungsmodule, die denken, im Anschluss der Ausbildung die Berechtigung zur Gewerbeausübung zu haben. Als Leiterin eines zertifizierten Ausbildungsinstituts ist es mir unverständlich, wie Herr Knopf verantworten kann, dass eine Vielzahl sehr gut ausgebildeter SupervisorInnen ihren Beruf nicht legal ausüben darf, weil ihr Verbandsvorstand darauf besteht, sich über geltendes Recht hinwegzusetzen.

„ÖVS-Coaches haben eine viel langjährigere Gesamtausbildung als manche Lebens- und Sozialberater. Es gibt also keinen Grund, dass diese zusätzlich auch noch die LSB-Ausbildung machen müssen.“

Nein. Diese Sichtweise ist kaum zulässig. Denn auch wenn sich Supervision hauptsächlich im beruflichen Umfeld bewegt, in dem die ÖVS-Mitglieder top sind, so benötigt es gerade für die Supervision im psychosozialen Bereich immer auch ein Grundwissen über Methoden und Interventionen der psychosozialen Beratung. Denn auch KlientInnen in der Supervision können beispielsweise eine Krise – etwa ausgelöst durch ein Beratungsgespräch – entwickeln. Hier geht Supervision mit Selbsterfahrung und Krisenintervention Hand in Hand und dafür braucht es Kernkompetenzen in der Lebensberatung. Wofür genau jene Methoden erlernt werden müssen, die in den von der WKO vorgeschriebenenen Modulen für die Lebens- und Sozialberatung unterrichtet werden.

„Die Wirtschaftskammer und die Ausbildungsinstitute wollen doch nur Geld machen.“

Nein. Zwar gibt es einen Wirtschaftskammer-Beitrag, der beim Lösen des Gewerbescheins zu bezahlen ist, doch dies ist bei jedem anderen geschützten Gewerbe ebenso der Fall. Und ja, Ausbildungen – vor allem Berufsausbildungen – kosten Geld. Dabei ist die Ausbildung zum/zur dipl. Lebens- und Sozialberaterin – Psychologische Beratung – in den meisten WKO-zertifizierten Instituten vergleichsweise günstig, wenn man sich die Kosten für andere psychosoziale Ausbildungen ansieht. Dass die Wirtschaftskammer so streng bei unlauterem Wettbewerb agiert, halte ich persönlich für einen wesentlichen Beitrag zur Aufwertung unseres Berufsstandes. Nur durch die Qualitätsrichtlinien, welche die WKO festlegt und nach denen qualitative Ausbildungsinstitute arbeiten müssen, kann sichergestellt werden, dass qualifizierte und top-geschulte psychosoziale BeraterInnen in freier Praxis arbeiten. Hier geht es nicht nur um das Ansehen unseres Berufsstandes sondern vor allem auch um das Wohl der KlientInnen – und damit ist diese Vorgehensweise definitiv begrüßenswert!

„Lebens- und Sozialberatung – das kann doch eh jeder, der gut mit Menschen kann.“

Nein. Ein Alltagsgespräch unterscheidet sich grundlegend von einer qualitativen und wertschätzenden psychosozialen Beratung. Auch wenn mache Berufsgruppen gerne argumentieren „Ich bin ja eh mehr PsychologIn als Barkeeperin/Friseur“, so hat ein offenes Ohr alleine mit geschulten und gekonnten Interventionen wenig zu tun. Um im Bereich der psychosozialen Gesundheitsförderung ein Höchstmaß an qualitativen Angeboten anzubieten, benötigt es zum Wohle aller KlientInnen qualitative Ausbildungen der BeraterInnen. Wie überall braucht es für Qualität messbare Kriterien, welche die WKO erstellt hat. Am IFGE sind demnach alle Ausbildungsangebote – angefangen von der Komplettausbildung zur psychosozialen Beratung bis hin zum Supervisions- und Aufstellungs-Upgrade – zertifiziert, um den Schülerinnen und Schülern nicht nur qualitative Ausbildungseinheiten sondern auch einen gelungenen Start in die erfolgreiche, freie Praxis zu ermöglichen.

„Die LSB fürchten sich um ihre KundInnen, darum wettern so viele gegen Wolfgang Knopf.“

Nein. Gut ausgebildete, wertschätzende und konsequente psychosoziale BeraterInnen sind sich ihrer Fähigkeiten bewusst und fürchten sich nicht um ihren Kundenstock. Was ich persönlich allerdings wenig schätze, ist der Umgang von Herrn Knopf mit einer geltenden Rechtssituation, gegen die er sich wider besseres Wissen stellt. Mit dieser Herangehensweise und vor allem mit seiner Art, abschätzig zu kommunizieren, schadet er nicht nur seinen eigenen Mitgliedern sondern dem gesamten Berufsstand. Da meiner Meinung nach wertschätzende und gewaltfreie Kommunikation die Grundpfeiler jeder Beratungs- und Supervisionseinheit sein sollten, wird sich Herr Knopf sehr wohl die Frage gefallen lassen müssen, inwiefern sich seine hochemotionale und kampfbereite Rhetorik gepaart mit seinem konsequenten Bestehen auf einer falschen Rechtsmeinung auf das Ansehen und die Qualität seines Verbandes auswirken wird.

Silvia Podlisca

Leiterin des Instituts für ganzheitliches Erleben IFGE in Wien

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