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Generation Y - überfordert oder überfordernd?

Foto Generation Y - überfordert oder überfordernd?

Jetzt ist sie also erwachsen, die Generation Y, kurz GenY – wobei das Y wie das englische „why“ (warum) ausgesprochen wird. Und dieses fragende, dieses „Warum?“ zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben derer, die als Kinder der sogenannten Babyboomer in den Jahren ab Ende der 70er bis Mitte der 90er des vergangenen Jahrhunderts das Licht der Welt erblickten.

Sie waren die ersten, die in den Genuss der antiautoritären Erziehung kamen, die ihre Kindheit mit wenig technischem Schnickschnack verbrachten und bei denen schon in der Kindheit und im Schulalter auf eine sogenannte Life-Work-Balance geachtet wurde.

Und nun steht diese Generation plötzlich da und ist irgendwo zwischen Anfang 20 und Ende 30 und hat nichts als Probleme.

Und ist großteils unzufrieden. Mit der Ausbildung, der Karriere, den eigenen Kindern. Aber warum eigentlich? Warum ist eine Generation, die mehr Chancen, eine bessere Bildung und eine liberalere Erziehung als jede Generation vor ihr genossen hat, kollektiv so überfordert mit dem, was noch ihre Eltern als „das echte Leben da draußen“ bezeichnet haben?

Die Generation Y hat offenbar ein Problem: Sie hält nicht besonders viel von sich selbst, die meisten wollen am liebsten gar nicht Teil ihrer Altersgruppe sein. Während sich die Eltern großartig finden, vor Selbstbewusstsein strotzen, sind ihre Kinder von Zweifeln und Missgunst geprägt. Überspitzt gesagt: Die Jungen haben eine Art Selbsthass entwickelt. Woran liegt das? Geht es nach den Meinungsforschern, dann weil sich diese Generation für gierig, egozentrisch und verschwenderisch hält. Politisch wenig engagiert, halten sie sich nicht für selbstständig, verantwortungsbewusst oder gar fleißig. Sie sind weder aufopferungsvoll noch würden sie sich als mitfühlend bezeichnen. Kurz: Junge Menschen im Alter von 18 bis 34 haben eine ziemlich schlechte Meinung von sich selbst.

Zu diesem Ergebnis sind Forscher des Pew Research Center (www.pewresearch.org) in den USA gekommen. Für eine repräsentative Studie haben sie rund 3100 Erwachsene unterschiedlicher Generationen gefragt, wie sie sich selbst einschätzen. Das Resultat: Während sich Vertreter älterer Generationen, insbesondere die ihrer Eltern, primär positive Attribute zuschrieben, hat die jüngste – die Generation Y – das negativste Selbstbild. Dazu kommt ein Identifikationsproblem. In kaum einer Altersklasse fühlten sich die Vertreter weniger ihrer Generation zugehörig als bei der jüngsten.

All das oben beschriebene gipfelt letztendlich darin, dass man nun bei den eigenen Kindern versucht, alles besser machen zu wollen. Und dabei alle Fehler der eigenen Elterngeneration nicht nur wiederholt, sondern sehr oft noch multipliziert. Denn vor allem Eltern sind sehr oft überfordert. Weil sie ihre Kinder überfordern. Weil ihr „Projekt-Kind“ plötzlich alles andere so sehr in den Hintergrund treten lässt, dass sie gar nicht merken, wie sie die Kontrolle über ihr Leben abgeben. In den USA wurde dafür der Ausdruck „Helicopter Parents“ geprägt – Eltern, die sich permanent um das Wohlbefinden ihrer Sprößlinge kümmern und ständig um sie herumkreisen wie ein Hubschrauber. Glucken hätten deren Großeltern das wohl genannt. Mitunter führt das zu skurillen Aktionen – es gibt zum Beispiel bereits Fußballnachwüchslinge, wo es Eltern untersagt ist, dem Spiel ihrer Kinder beizuwohnen, weil es immer wieder zu Problemen gekommen war, wenn ein Junge mal ausgewechselt oder vom Gegner gar gefoult wurde.

Und während es für die Generation X noch normal war, dass man eine schlechte Note mit viel Einsatz und lernen wieder ins positive wandelt, wird heutzutage sofort ein teures und aufwendiges Nachhilfesystem in Gang gesetzt – wenn nicht vorher schon die Diskussionen mit den Lehrern gefruchtet haben. Und schon lange wird das eigene Leben nur mehr rund um die sorgfältig geplanten Aktivitäten des Nachwuchses ausgerichtet.

Ein solcher Erziehungsstil sei typisch für die Generation Y, sagt Erziehungswissenschaftler Albert Wunsch. Dabei wäre es auch für die Kinder sinnvoller, wenn sie sich in das Lebensumfeld der Eltern eingliedern müssten als umgekehrt. „Sie kennen es irgendwann nicht mehr anders, halten ein anstrengungsloses Leben für selbstverständlich.“ Eine große Rolle spiele dabei auch der hohe Stellenwert, den Freizeitaktivitäten schon in der Kindheit haben, glaubt Wunsch. „Es gehört ja heute zum guten Ton unter Eltern, die Kinder zum Ballett, zum Judo oder zum Kletterpark zu fahren.“ Und dazu passt eben auch, dass alle diese Anstrengungen letztendlich nicht nur einen selbst überfordern, sondern auch mit der Überforderung des eigenen Nachwuchses einhergehen. Nicht ohne Grund klagen heute bereits siebenjährige über Stresssymptome.

Vielleicht wäre es für die selbst (über)behütet aufgewachsene Generation Y endlich an der Zeit, sich neu zu orientieren und wieder vermehrt auf „altmodische“ Erziehungsansätze zu setzen: Nämlich den Kindern eigene Entscheidungen zuzutrauen, ihnen klare Grenzen zu setzen und sie dort zu unterstützen wo sie es brauchen – und nicht dort, wo ihre Eltern es gerne hätten. Denn damit wäre auch gewährleistet, dass Eltern wieder erziehen, wie es für Erziehungsberechtigte eigentlich der Fall sein sollte, und nicht als Vollzeit-Animateure für ihre Kinder arbeiten. Und somit würde sich der Großteil der Generation Y wohl über kurz oder lang von den Selbstzweifeln die sie plagen auch befreien können, wäre doch der Druck alles richtig machen zu wollen plötzlich ein viel geringerer. Oder anders ausgedrückt: Macht aus dem Y doch einfach hin und wieder mal ein X ;-)

Silvia Podlisca

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